Diversität ist ein Faktum, Inklusion ist eine Entscheidung

Im STEIL-Interview spricht Mag. Robert Rzeszut, Partner und Inklusionsbeauftragter bei Deloitte Österreich, über die Wichtigkeit von Diversität und Inklusion für österreichische Unternehmen, das Diversity Management bei Deloitte Österreich und in welchen Bereichen sich Diversität und Inklusion auch im Steuerrecht findet.

STEIL: Herr Rzeszut, Sie sind seit über 14 Jahren für Deloitte Österreich tätig. Was hat sich aus Ihrer Sicht bei Diversität und Inklusion bei Deloitte geändert?

Rzeszut: Erstens ist Deloitte aufgrund der Arbeitsmarktveränderungen sicherlich diverser geworden. Wir sehen beispielsweise für Berufe der Finanzbranche einen merklichen Überhang an Bewerberinnen. Auch unsere Teams sind deutlich multikultureller als früher. Das andere ist der Inklusionsaspekt. Heute leben wir Inklusion bewusster und wissen, dass Inklusion eine Entscheidung ist, die bestimmte Handlungskompetenzen erfordert. Leadership- Trainings sind im Bereich Diversität und Inklusion mittlerweile verpflichtend geworden. Bei Weiterbildungen setzen wir wiederum stärker auf Social Skills. Eine gute Unternehmenskultur und ein gutes Betriebsklima fallen schließlich nicht einfach vom Himmel.

STEIL: Wo steht Österreich im europaweiten Vergleich bei Inklusion & Diversität am Arbeitsmarkt?

Rzeszut: Wahrnehmung nach sind wir hier sogar weiter, als man auf den ersten Blick vielleicht denken würde. Österreich ist ein Land des Mittelstandes, wir haben sehr viele „Hidden Champions“, Unternehmen, die wirklich Großartiges leisten, das Thema Diversität und Inklusion allerdings nicht ausreichend als Chance im internationalen Wettbewerb wahrnehmen. Die Wichtigkeit dieses Themas in der Breite des volkswirtschaftlichen Rückgrats zu unterstreichen, ist daher essenziell. Als größter HR-Berater Österreichs sehen wir aber, dass diese Herausforderung seitens der öffentlichen Hand angegangen wird.

STEIL: Welche Ansätze werden hier durch die öffentliche Hand gewählt?

Rzeszut: Österreichische Unternehmen können geförderte Beratungsdienstleistungen zum Thema Inklusion in Anspruch nehmen. Diese wurden unter anderem etabliert, um den Fachkräftemangel zu entschärfen. Darüber hinaus gibt es Angebote im Bereich der Demografie- Beratung. Die Besonderheit in vielen Unternehmen ist, dass Menschen zusammenkommen, die im Privatleben keine Berührungspunkte hätten. Im Fokus dieser Beratungsleistung steht daher die Integration älterer Arbeitnehmer* innen innerhalb des Unternehmens und die Schaffung einer Unternehmenskultur, die verschiedene Generationen am Arbeitsplatz fruchtbar zusammenarbeiten lässt.

STEIL: Warum sollten sich Unternehmen mehr um Diversität bemühen?

Rzeszut: Neben der Tatsache, dass Diversität und Inklusion schön, menschlich und wertvoll sind, zahlen sie sich betriebswirtschaftlich aus. Ein inklusiv geführtes Team, das inspiriert und 100-prozentigen Rückhalt erfährt, performt jedenfalls besser als ein nicht-inklusives. Mitarbeiter*innen können so ihre Tätigkeit ohne Störgeräusche im Hintergrund ausüben und sich auf den Output fokussieren. Die Performance ist im Großen und Ganzen um 20 Prozent besser und somit messbar.

STEIL: Warum sollten sich Unternehmen mehr um Diversität bemühen?

Rzeszut: Neben der Tatsache, dass Diversität und Inklusion schön, menschlich und wertvoll sind, zahlen sie sich betriebswirtschaftlich aus. Ein inklusiv geführtes Team, das inspiriert und 100-prozentigen Rückhalt erfährt, performt jedenfalls besser als ein nicht-inklusives. Mitarbeiter*innen können so ihre Tätigkeit ohne Störgeräusche im Hintergrund ausüben und sich auf den Output fokussieren. Die Performance ist im Großen und Ganzen um 20 Prozent besser und somit messbar.

STEIL: Welche Vorbehalte haben Unternehmen nach wie vor?

Rzeszut: Oft stellen sie sich die Kosten-Nutzen- Frage und wägen den zeitlichen Aufwand mit den Chancen ab. Viele sind auch der Ansicht, dass sie die Kunst der inklusiven Führung ohnehin bereits beherrschen. Diese Annahme steht der eigentlichen inklusiven Führung jedoch im Weg. Das Thema Inklusion muss in einer Unternehmensorganisation systematisch eingeführt werden, sodass es im grauen Alltag nicht untergeht.

STEIL: Wie wird Diversitätsmanagement bei Deloitte Österreich umgesetzt?

Rzeszut: Inklusion ist einer unserer fünf Core Values. Das Thema ist daher ganz oben angesiedelt und die Verantwortung liegt bei unserem CEO Harald Breit. Durch Inklusionsbeauftragte stellen wir sicher, dass bei allen karriererelevanten Entscheidungen das Thema Inklusion mitberücksichtigt wird. Das Thema muss jedenfalls in einer Unternehmensorganisation systematisch eingeführt werden, sodass es im grauen Alltag auch nicht untergeht. Das haben wir bei Deloitte meines Erachtens bereits sehr wirksam geschafft.

STEIL: Können Sie uns ein paar Beispiele geben?

Rzeszut: Wir haben einen sehr hohen Frauenanteil, der aber über die Hierarchiestufen hinweg abnimmt. Dem wollen wir durch bewusstes Ansprechen und durch Hilfestellung bei Karriereentscheidungen gezielt entgegenwirken. Bei der Einstellung von neuen Mitarbeiter* innen achten wir auf Diversität, damit das Verhältnis ausgewogen bleibt. Das stellt sich aufgrund des derzeitigen Arbeitskräftemangels jedoch als zunehmend schwierig heraus. Unser Hauptfokus liegt auf der Erhaltung der Diversität auf allen Stufen der Karriereleiter − auch in Bezug auf das Knowhow und die diversen Backgrounds unseres Teams. Darüber hinaus legen wir sehr viel Wert auf fachliche Diversität. Die Tax Teams sollten beispielsweise auch über Rechts- und IT-Expert*innen verfügen. Dadurch können wir die Qualität unserer Leistungen erhöhen und mehr Nutzen für unsere Kund*innen schaffen.

STEIL: ALL IN ist ein internes Projekt von Deloitte Österreich. Was können sich unsere Leser*innen darunter vorstellen?

Rzeszut: ALL IN hat mit der Gender-Debatte gestartet. Ziel war es, Kolleg*innen in Führungspositionen zu bringen und so Karriere und Familie strukturiert zu vereinbaren. Wir sehen, dass dieser Aspekt nach wie vor stärker auf den Schultern der Kolleginnen lastet. Dazu erarbeiten wir bereits sehr früh gemeinsam einen Plan, wie wir als Arbeitgeber passend unterstützen können. Das Projekt erweitert sich heute aber in allen anderen Bereichen der Diversität, wie sexuelle Orientierung oder Alter.

STEIL: Spiegelt sich Diversity in der Innovationskraft von Deloitte wider?

Rzeszut: Meiner Meinung nach ja. Wir haben den Vorteil, dass wir mehr oder weniger für alle Themen über Expert*innen im Haus verfügen. Unser globales Netzwerk ermöglicht es uns zudem, auf ein noch breiteres Wissen zurückgreifen zu können. Beispielsweise haben sich unsere australischen Kolleg*innen intensiv mit dem Thema „Inclusive Leadership“ beschäftigt. Diese können uns jetzt über ihre Erfahrungen berichten und bei der Etablierung von neuen Servicedienstleistungen unterstützend zur Seite stehen. Seit Anfang 2022 greifen wir auch vermehrt das Thema der Mitarbeiter*innengewinnbeteiligung auf. Dadurch können wir quasi ein steuerfreies 15. Gehalt auszahlen. Unsere Human-Capital-Berater* innen und Steuerexpert*innen beschäftigen sich stetig damit, ein innovatives Gehaltsmodell zu entwickeln, das Steuervorschrift und die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse aus dem Kompensationsmanagement in Einklang bringt. Das Beste aus beiden Welten zu vereinen, geht natürlich nur mit Diversität.

STEIL: Diversität im Steuerrecht: Wie sieht das in der Praxis aus?

Rzeszut: Tax und Tech geht in der Praxis ganz stark miteinander. Denken wir an die furchtbar lästige Welt von Papier. Alle Belege zu kübeln und nur mehr digital zu arbeiten, geht nicht von heute auf morgen. Zuvor muss ein revisionssicheres Archiv geschaffen werden. Hier braucht es also eine Schnittstelle zwischen Techniker*innen und Steuerrechtler* innen. Genau dasselbe gilt bei Registrierkassenthemen und der notwenigen Integration der kryptografischen Signatur in das IT-System. Wir haben auch sehr viele Überschneidungen mit Financial Advisory, wenn es um Unternehmenssanierungen geht, oder arbeiten bei Selbstanzeigen mit unserem Forensic-Team zusammen.

STEIL: Diversity Management wird oft als Employer-Branding-Instrument etabliert – wie bewerten Sie das?

Rzeszut: Das Thema Diversität und Inklusion ist in den letzten fünf Jahren ein Breitenthema geworden. Es schickt sich, sich mit dem Pride Month zu schmücken. Das hat sich natürlich auch auf das Employer Branding ausgewirkt. Sich damit zu schmücken, ohne es wirklich zu leben, ist natürlich nicht schön. Es hat aber trotzdem einen positiven Effekt. Dadurch, dass das Thema so breit thematisiert wird, wird es allgemein wichtiger. Wünschenswert wäre aber, dass sich Unternehmen nicht nur mit diesem Thema schmücken, sondern dieses auch leben. Deloitte ist es daher als Berater wichtig, hier unterstützend tätig zu sein.

STEIL: Juni ist Pride Month – beteiligt sich Deloitte Österreich?

Rzeszut: Deloitte ist auch heuer wieder offizieller Partner der Pride und beim Pride- Run, der Parade und dem Pride- Business-Talk vertreten. Das ist uns extrem wichtig, weil wir damit ein starkes Signal an unsere Mitarbeiter*innen senden. Deloitte soll ein Ort sein, an dem man so sein kann, wie man ist und sein persönliches Talent entfalten kann. Darüber hinaus werden wir demnächst zum Thema „Levelling up“ an die Öffentlichkeit gehen. Ein Thema, das aus unserer Sicht wesentlich für eine diskriminierungsfreie Wirtschaft ist.

STEIL: Werden Sie selbst an der diesjährigen Regenbogenparade in Wien teilnehmen?

Rzeszut: Ja, ich habe es geplant.

STEIL: Welche Karrieretipps möchten Sie Studierenden noch mitgeben?

Rzeszut: Erstens: Steuerrecht ist interessant und vielfältig. Zweitens: Das Studieren ist eine Zeit, in der man Ausprobieren kann und soll. Nicht nur, was man gerne macht, sondern auch mit wem. Es ist daher von Vorteil, sich viele Unternehmen in dieser Zeit anzusehen. Das Wichtigste ist, ein Arbeitsumfeld zu finden, in dem man in den ersten Berufsjahren sehr viel lernt und Erfahrungen sammeln kann. Für mich ist Deloitte solch ein Ort.

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