Studentin - Mutter  - Unternehmerin

Jana Sabel schließt demnächst ihr BWL-Studium mit den Spezialisierungen KMU-Management sowie Entrepreneurship & Innovation an der WU Wien ab. Nebenbei ist sie Mutter eines 2-jährigen Sohnes und Gründerin des Unternehmens VIZZARD 360. Im STEIL-Interview erzählt sie uns, wie sie die drei unterschiedlichen Rollen miteinander vereinbart.

STEIL: Wie hast du dich als werdende Mutter in Hinsicht auf das Studium gefühlt und ist dir die WU in der
Zeit deiner Schwangerschaft und als frischgebackene Mama entgegengekommen?
Jana Sabel: Erst einmal hatte ich Bedenken, wurde aber schnell zuversichtlich, dass das Studium mit Kind jedenfalls machbar ist. Ich habe sehr früh für einen Kindergartenplatz im Kindergarten am WU-Campus angefragt, jedoch war keiner verfügbar. Anfangs fühlte ich mich ein wenig „lost“ mit meiner Situation, aber ich habe probiert, mich an alternativen Lösungen zu orientieren. Zum Beispiel habe ich mit Lehrenden an der WU Kontakt aufgenommen, die mich dann in den meisten Fällen gut unterstützt haben. Einmal ist es aber zu einem Problem gekommen: Ich wollte mir eine Fehleinheit aufgrund einer schwer verschiebbaren Untersuchung streichen lassen, damit ich ein weiteres Mal fehlen konnte, sollte ein spontaner Arztbesuch anstehen oder ich mich nicht gut fühlen. Ich hatte gehofft, dass mit meiner Situation entspannt umgegangen wird – dem war jedoch nicht so. Stattdessen wurde mir empfohlen, den Kurs abzubrechen, wenn ich die Anwesenheitsleistung nicht erbringen könne. Mit dieser einzigen Ausnahme erhielt ich ansonsten von vielen Professor*innen Verständnis und Support, wofür ich dankbar bin. 

Was kann die WU dazu beitragen, um die Vereinbarkeit von Kind und Studium zu erleichtern?
Sabel: Viele Umsetzungen scheitern häufig an den Hochschulgesetzen. Trotzdem ist es wichtig, dass die WU Wien offen ist und sich für Änderungen sowie Anpassungen einsetzt. Ein großes Anliegen von mir ist es, und da spreche ich für viele Jungmütter, dass am Campus die Möglichkeit bestehen sollte, sein Baby in angenehmer Umgebung (nicht am WC) zu stillen. Weiters für sehr wichtig halte ich eine zentrale Anlaufstelle, die Grundlagen schafft und damit Menschen mit Betreuungsaufgaben einige
Möglichkeiten bietet sowie hilfreiche Unterstützung bereitstellt. Ganz egal, ob man ein Kind oder ein krankes Familienmitglied pflegt, es sollte normal sein, dass Betreuung in Verbindung mit einem Studium gleichzeitig realisiert werden kann. Dafür sollte der Fokus darauf liegen, dass Studierende mit einem Betreuungsauftrag auch an Vorlesungszeiten teilnehmen können, die sich gut in ihrem Alltag integrieren lassen. Die Nachfrage nach individuellen Zeiten ist groß und sollte daher auch transparenter kommuniziert werden. Im Hinblick auf die Vereinbarkeit mit Vorlesungen und Kind waren die Online-Vorlesungen deutlich entspannter, da man weniger an die physische Anwesenheit gebunden war. Somit war es für mich möglich, vom Kinderspielplatz oder von zu Hause aus am Kurs teilzunehmen. Natürlich mag ich auch Präsenzeinheiten, jedoch würde ich nicht meinen Sohn mitnehmen wollen. 

Du bist Studentin, Mutter und Unternehmerin – das ist wirklich beachtlich. Hast du Tipps, um die drei Rollen zu vereinbaren? Wie handhabst du Zeit- und Stressmanagement?
Sabel: Ein dickes Fell und ein weiches Herz zu haben zählen zu meinen Schlüsselfaktoren. Auch wenn ich den stressigsten Tag auf der Uni oder in der Arbeit hatte, stehe ich trotzdem um 15:30 entspannt und mit Freude vor dem Kindergarten. Wenn ich meinen Sohn abhole, möchte ich ihm nämlich auf keinen Fall das Gefühl geben, dass auch er mich noch stresst. Daher ist es
wichtig, die unterschiedlichen Funktionen abzugrenzen. Ich versuche, mir den Alltag gut einzuteilen und bewusst meine Rollen zu wechseln – dies ist auch ein großer Tipp für andere Eltern von mir. Bezüglich meiner Wocheneinteilung kann ich sagen, dass während der Woche meine Arbeitszeit um 15 Uhr endet. Zwei Mal wöchentlich holt eine Babysitterin meinen Sohn ab, damit ich mich an zwei Tagen voll auf die Arbeit konzentrieren kann. Den Rest der Woche widme ich meinem Studium, wobei ich an zwei Tagen Vorlesungen habe und ansonsten in die Bibliothek gehe, um zu lernen. Den Tag ohne Uni oder Arbeit nenne ich „Puffertag“, an dem ich die restlichen Aufgaben erledige, die mir Spaß machen oder gemacht werden müssen.

Viele Frauen haben immer noch das Gefühl, dass sie sich zwischen Karriere und Kind entscheiden müssten. Was kannst du ihnen sagen, um ihnen Mut zu machen, dass beides möglich ist?
Sabel: Als Erstes möchte ich sagen, dass keine einzige Frau diese Entscheidung mit schlechtem Gewissen treffen muss. Denn es gibt keinen Grund, sich dabei schlecht zu fühlen, wenn man sich entweder für die Karriere oder nur für die Familie entscheidet.
Aber auch die Kombination von beidem ist definitiv möglich. Dabei ist wichtig, in jeder Situation an sich selbst zu glauben und sich mehr zuzutrauen, als man im Moment vielleicht zu schaffen denkt. Wenn ich mich zum Beispiel irgendwo bewerbe und mir bei einigen Voraussetzungen unsicher bin, ob ich sie erfülle, dann bewerbe ich mich trotzdem und bin überzeugt davon, dass ich diese noch erlerne. Zum Thema Studieren mit Kind würde ich noch gerne sagen, dass man es schaffen kann, wenn man es will. Der persönliche Einsatz und die Koordination sind zwar deutlich schwieriger, aber machbar. Wenn man sich auf die einzelnen Rollen einstellt und nicht alle Aufgaben gleichzeitig und perfekt erledigen möchte, dann lässt sich dies gut vereinbaren.

Jana Sabels Motto: 

Vergiss nie, wer du bist und wo du hinwillst, egal was sich in deinem Umfeld verändert. Ich versuche immer, an das „große Ganze“ zu denken, egal wie anstrengend manche Phasen sein können. Ehrgeiz und Flexibilität haben bei Jana Sabel einen großen Stellenwert und sie empfiehlt jedem, so viel wie möglich auszuprobieren, Chancen zu ergreifen und offen für Neues zu bleiben.

Über Jana: 

Jana Sabel ist in Lübeck geboren und an der Ostseeküste in Norddeutschland aufgewachsen. Sie war lange Zeit erfolgreiche Dressurreiterin und übte den Sport sogar ein halbes Jahr nach der Matura in Florida aus. Vorerst begann sie ihr BWL-Studium in Münster und entschied sich im Jahr 2018 dafür, ihr Studium an der WU in Wien abzuschließen, wo sie seither lebt. In der Zwischenzeit kam ihr Sohn Leo, der mittlerweile zwei Jahre alt ist, zur Welt. Während der Coronakrise hat Jana Sabel die Chance ergriffen, das Unternehmen VIZZARD 360 zu gründen. Ihr Unternehmen befasst sich damit, mithilfe der Matterport-Technologie 3D-Modelle und virtuelle Rundgänge von Immobilien oder Geschäften anzubieten. Nach ihrem Studienabschluss setzt sie sich als Ziel, VIZZARD 360 weiterzuentwickeln.

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