Frauen-Förderung geht nicht schnell genug

Doris Tomanek, Vorstand für Human Resources bei der Bank Austria, setzt sich aktiv dafür ein, mehr Top-Management-Positionen mit Frauen zu besetzen. Im Interview erzählt sie uns außerdem, warum eine ausgewogene Work-Life-Balance so wichtig ist und was die Bank Austria als Arbeitgeberin dafür tut.

 

Doris Tomanek hat VWL studiert und begann ihre Berufslaufbahn bei Mobil Oil Austria. Danach wechselte sie zu Coca Cola, wo sie 12 CEE-Märkte leitete.  Tomanek ist seit 2005 bei der UniCredit Group tätig und seit 2010 Vorstandsmitglied. 

 

Der Vorstand der Bank Austria, zu dem Sie ebenso gehören, besteht aus sechs Mitgliedern – davon sind fünf Männer. Wie sieht diese Verteilung im Rest des Unternehmens aus?


Derzeit haben wir etwas weniger als 10 % Frauen im Top-Management. Allerdings hat der CEO der UniCredit Gruppe im Sommer die ›Women in Finance Charta‹ unterschrieben und sich damit verpflichtet, dass es bis zum Jahr 2022 im Gesamtkonzern 20 % Frauen im Top-Management geben wird. Wir haben eine klare Policy, mit dem Ziel, Frauen in Managementpositionen zu stärken. Zum Beispiel sollte bei der Besetzung dieser Positionen zumindest eine Person jedes Geschlechtes dabei sein. Auch das Thema "Gender-Paygap" wird aktiv angegangen.

 

Was machen Sie als Arbeitgeberin, um Frauen zu fördern?

Wir bieten viele Workshops und Entwicklungsaktivitäten, bei denen es darum geht, Frauen zu begleiten und sie darauf hinzuweisen, dass gewisse Verhaltensweisen einen negativen Einfluss haben. Dadurch steigern wir auch die Anzahl der Frauen im Management laufend. Aber leider geht das nicht von heute auf morgen.

 

Wenn die guten Rahmenbedingungen bereits gegeben sind, warum geht es nicht schneller?

Die Tatsache, dass Frauen selbst viel weniger aufzeigen als Männer, ist dabei ein entscheidender Punkt. Wenn es darum geht, eine Führungsposition zu besetzen, haben wir normalerweise mehr männliche Kandidaten als weibliche. Daher versuchen wir sehr stark, Frauen zu bewegen, sich für Führungspositionen zu bewerben. Wenn uns das dann gelingt, ist immer noch das Prob-lem, dass Frauen, wenn sie ihre Erfahrungen darstellen, grundsätzlich eher darüber sprechen, was ihnen noch fehlt, um die Position auszufüllen. Männer hingegen stellen sich üblicherweise selbstbewusster dar, im Sinne von: »Ich habe die Erfahrung, um diese Position auszufüllen«. Hier gibt es einige Unterschiede im Verhalten von Männern und Frauen, die man gut kennen muss, um gegenzusteuern und sicherzustellen, dass man sich bei gleicher Qualifikation eines Mannes und einer Frau nicht vom sichereren Auftreten des Mannes beeindrucken lässt.

 

Wie sieht es mit der Diversität in anderer Hinsicht aus?

Es ist uns in der UniCredit auch sehr wichtig, in Management-Teams nicht nur die Diversität beim Geschlecht zu haben, sondern auch Mitarbeiter unterschiedlichen Alters und unterschiedlicher Nationalitäten. Wir fokussieren uns sehr auf das Frauenthema, aber Diversität generell ist uns sehr wichtig, weil wir als Bank auch länderübergreifend erfolgreich tätig sind.

 

Gibt es Konzepte, damit MitarbeiterInnen beiden Geschlechts Karriere und Familienleben besser vereinbaren können?

Ja, wir legen beim Thema ›Work-Life-Balance‹ ganz stark den Fokus darauf, unseren MitarbeiterInnen zu ermöglichen, Beruf und Privatleben zu vereinbaren. Wir bieten den MitarbeiterInnen an, flexibel zu arbeiten, im Sinne von Zeit und Raum. Im Hinblick auf die Zeit haben wir in der Bank Austria seit vielen Jahren die Möglichkeit, Teilzeit zu arbeiten, für Frauen sowie für Männer. Es ist auch möglich, in verschiedenen Phasen des Lebens Arbeitszeit zu reduzieren, etwa weil man in der Lebensarbeitszeit irgendwann einmal eine Auszeit möchte, um sich selbst zu entwickeln oder um mehr Zeit mit der Familie zu verbringen. Es gibt auch Menschen, die einfach weniger arbeiten möchten, wenn sie näher an das Ende der Berufslaufbahn kommen.

 

Wie kann man sich die räumliche Flexibilität vorstellen?

Wir haben auch einen starken Fokus auf ›Remote Work‹. Speziell mit der Übersiedlung an den neuen Austria Campus ist das zu einem großen Thema geworden, das wir sehr gut vorbereitet haben, indem wir uns von einem stark kontrollierten Arbeitsumfeld in ein Umfeld entwickelt haben, wo Vertrauen zwischen Angestellten und Führungskräften oberste Priorität hat. Das heißt, die MitarbeiterInnen haben die Möglichkeit, entweder überall im Haus oder auch zu Hause zu arbeiten. Natürlich immer in Vereinbarung mit der Führungskraft und dem Team. Aber ich glaube, hier geben wir sehr viele Möglichkeiten, persönliche Interessen oder auch Notwendigkeiten gut in Einklang zu bringen.

 

Vertrauen zwischen MitarbeiterInnen und Führungskräften hat bei ›Remote Work‹ oberste Priorität.

 

Werden durch eine ausgewogene ›Work-Life-Balance‹ die MitarbeiterInnen einfach zufriedener oder wirklich auch produktiver?

Wir führen laufend MitarbeiterInnenbefragung durch. In der letzten Befragung gab es eine Bewertung zum Thema ›Work-Life-Balance‹ 4 von 5 MitarbeiterInnen haben diese sehr hoch bewertet. Das ist ein sehr gutes Ergebnis. Natürlich haben wir auch hohe Ansprüche an Resultat und Leistung. Aber offensichtlich gelingt es uns ganz gut, diese Balance zu vermitteln. 

 

Was bedeutet ›Smart Working‹ bei der Bank Austria?

Einwesentlicher Teil davon ist das beschriebene Remote Working. Durch den neuen Austria Campus ist das in fast allen Bereichen möglich. In diesem Büroumfeld sind die Kolleginnen und Kollegen nahe beisammen, und dadurch spart man viel Zeit. Ein wichtiger Punkt beim Smart Working ist auch die Technik, welche in diesen neuen Bürogebäuden hervorragend funktioniert. Jeder kann sich mit seinem Gerät sofort und überall ins WLAN einklinken und gleich arbeiten, ohne sich davor an- und abmelden zu müssen. Oder sei es, dass man mit Kollegen schnell eine Besprechung halten muss. Man nimmt seinen Laptop, geht in das nächste Besprechungszimmer und hat sofort einen Bildschirm, auf welchem man Dokumente zusammen ansehen kann. Das alles trägt definitiv dazu bei, dass man smarter arbeiten kann.

 

Man sagt der jüngeren Generation nach, faul zu sein oder zumindest nicht mehr alles dem Job unterordnen zu wollen. Merkt man diese Veränderung der Lebenseinstellung auch beim Recruiting neuer Mitarbeiter?

Ich würde ganz sicher nicht sagen, dass junge Mitarbeiter faul sind. Ich glaube, dass sie ein wenig andere bzw. zusätzliche Ansprüche haben. Auch junge Mitarbeiter wollen natürlich, wenn sie ins Berufsleben einsteigen, in erster Linie viel lernen und Leistung erbringen. Das ist meine Erfahrung. Aber sie wollen auch für ihre persönlichen Interessen und ihre Freunde Zeit haben. Das ist tatsächlich heute ausgeprägter als es vielleicht noch vor zehn Jahren war. Ich finde das grundsätzlich positiv, denn ich glaube, die heutige Zeit ist so schnelllebig und anspruchsvoll,  dass es wichtig ist, sehr wohl auf der einen Seite engagiert im Beruf zu sein, aber trotzdem den entsprechenden Ausgleich zu finden. Daher unterstützen wir das auch stark.

 

Welche Auswirkungen hat die Digitalisierung auf den Finanzsektor?

Vor 10 Jahren war sowohl das Arbeiten in einer Bank als auch das Kundenverhalten ein anderes, als es heute ist. Wir haben eine immer größer werden-de Gruppe an Kunden, die ihre Bank-geschäfte online erledigen. Daher ist es für uns wichtig, diese Kanäle anzubieten, damit wir diesem Kundenbedürfnis Rechnung tragen. Vieles, was früher mit Stößen von Papier erledigt wurde, läuft heute über den Computer.

 

Was bedeutet das für Studierende und jungle AbsolventInnen, als potenzielle Mitarbeiter von morgen? In welchen Bereichen werden Stellen abgebaut, in welchen suchen Sie?

Großen Bedarf gibt es im Bereich Datenanalyse (BigData) und Risikomanagement. Diese Stellen sind aber nicht auf eine Abteilung beschränkt, sondern hier müssen fast alle Mitarbeiter in jeglichen Bereichen Interesse mitbringen. Hier möchte ich das Beispiel unserer Alexa-Skills anführen. Bei diesem Projekt haben Personen aus den verschiedensten Bereichen, wie Vertrieb, Marketing, bis hin zum Risikobereich mitgearbeitet. Das heißt, hier ist es notwendig, sowohl das Verständnis für den Fachbereich zu haben als auch das Interesse an Daten, Informationen und Erneuerungen. Dadurch enstehen fachübergreifende Teams, die es in dieser Form, bis vor einigen Jahren gar nicht gab.

 

Haben bald nur noch Wirtschaftsinformatiker die Chance auf einen Job bei der Bank Austria?

Wirtschaftsinformatiker zu sein ist sicher kein Nachteil. Vor allem im Vertrieb und der Kundenbetreuung müssen MitarbeiterInnen aber über ein ausgeprägtes Dienstleistungsverständnis und Freude am Umgang mit Kunden verfügen.Ich glaube, wir decken gerade bei uns, in einer internationalen Bank, viele Bereiche ab, wo wir verschiedensten Menschen mit verschiedensten Ausbildungen und Interessen einfach jede Menge Möglichkeiten geben, sich zu integrieren und mit uns zu entwickeln

 

 

Dieser Artikel erschien in der Jänner Ausgabe des STEIL.

Verfasst von: Laura Hamminger & Sebastian Siegel

Autorin
STEIL Magazin
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