R. Horns: Zwei Generationen mit Liebe zum Leder

Was die Tradition der Wiener Moderne mit der perfekten Aktentasche zu tun hat. 

Vor 30 Jahren begann Robert Horn mit seiner Marke R.Horns hochwertige Accessoires aus Leder zu entwerfen. Seit sein Sohn Julian mit an Bord ist, ist es für ihn vor allem eins: lustiger. Und er lernte, das Internet zu schätzen.

Er kennt man den Wiener Künstler, der hinter dem bunten Stoffdesign am Tresen im Geschäft in der Bräunerstraße 7 steckt, scheint man bei Robert Horn schon einen Stein im Brett zu haben. „Original Josef Frank!“, bestätigt er euphorisch. Josef Frank, Adolf Loos und die Wiener Moderne sind für den gut aufgelegten Horn Senior das Höchste, wenn es um guten Stil und zeitloses Design geht. Sie waren es auch, die ihn zu seinen ersten Entwürfen inspirierten und dies auch nach wie vor tun. „Mein Vater versucht, diese Tradition fortzusetzen“, ergänzt der Junior Julian Horn.


Als Robert Horn vor 30 Jahren anfing, bestückte er zuerst einige deutsche Herrenausstatter mit seinen Accessoires. Erst zwei Jahre später wurde eine ehemalige Por-tierwohnung in der Bräunerstraße zum ersten Geschäft mit Auslage umgestaltet. Mittlerweile gibt es auch einen Ableger am Stephansplatz und in der Mahlerstraße. Alle drei befinden sich im ersten Bezirk. „In Wien ist der Markt somit gesättigt, Bäume wachsen ja nicht in den Himmel“, so Robert Horn. Julian Horn widerspricht ihm. „Mit dem Internet schon. Sky is the limit“, sagt er.


Als der Junior im November 2013 zum Unternehmen stieß, machte er es sich zu seiner Aufgabe, den mittlerweile auch international gut genutzten Webshop aufzupäppeln und den Social-Media-Auftritt von R. Horn’s entsprechend zu gestalten: „Soziale Medien wie Facebook und Instagram sind ein gutes Vehikel. Wir versuchen, den Bogen zu spannen zwischen der mehrheitlich konservativen Klientel und den jungen Leuten. Wir wollen uns dabei aber selbst treu bleiben.“ Aus diesem Grund sehen Vater und Sohn ihre potenziellen Testimonials eher in Typen wie Grace Kelly, Roger Federer oder Peter Simonischek. Wen sie sich da keineswegs vorstellen können? „Kim Kardashian!“, ruft Robert Horn. Das überrascht nicht, ist er doch merklich kein Freund des Schrillen. Auch privat bevorzugt es Horn Senior elegant-sportiv: Ordentliche Lederschuhe, klassische Chinos, farbige Details am Polo-Kragen und ein Hut für draußen. Die braune Geldtasche entstammt selbstverständlich dem eigenen Haus. Dazu noch eine gute Erziehung und Schmäh. Das „Wienerische“ in Literatur und Sprache zählt neben der Wiener Moderne zu seinen wichtigsten Inspirationsquellen.


Im Geschäftsjahr 2016 wurden um die 300 Handtaschen verkauft, eine noch größere Zahl an Geldtaschen und ebenso viele Lederaccessoires wie Stift- und Brillen-etuis, IPhone-Hüllen und Schlüsselanhänger. Bei R.Horn’s gibt es alleine 30 verschiedene Geldtaschen und zwölf Arten von Aktentaschen zur Auswahl. Letztere gelten als Spezialität des Hauses. „Wir haben viele Damenhandtaschen, die sind alle wunderbar, aber die Aktentaschen sind unser eigentliches Aushängeschild, erklärt Horn. „Auch Sonderanfertigungen wie Tennis- und Fototaschen stehen auf dem Programm. Wenn es um seine Entwürfe geht, gibt sich Horn wie so oft bescheiden. „Ich war immer schon ein großer Skizzierer, ich nehme ein Blatt Papier, und das ist es dann“, antwortet er auf die Frage nach speziellen Design-Ritualen.


„Es ist schon passiert, dass Kunden mit alten Taschenmodellen aus den 1950er-Jahren oder mit ganz eigenen Ideen zu uns gekommen sind, und wir diese am Ende in unser Repertoire aufgenommen haben“, erzählt Julian Horn. „Da sind wir sehr froh darüber. Die Kunden wissen am besten, was sie brauchen, sie haben sich ja Gedanken gemacht“, fügt Vater Robert Horn hinzu.

 

Zur Info
Die Taschen werden in der hauseigenen Manufaktur in Wien Margareten gefertigt.
Im Rahmen des Projekts Wien Products entwarf Julian Horn eine Plattentasche speziell für 7"-Singles.
Günther Krabbenhöft, der laut Spiegel „älteste Hipster Deutschlands“, lässt sich des Öfteren mit Taschen von R.Horn’s ablichten.
Am häufigsten wird eine klassische Herrenbrieftasche mit Münzfach in Schwarz gekauft.


Die Kollektion ist weitestgehend seit Jahren gleichbleibend, neue Kreationen gibt es dennoch regelmäßig. So hat Robert Horn erst kürzlich, den Anregungen einiger Kundinnen folgend, eine Handtasche aus der permanenten Kollektion in einem neuen Entwurf mit einer Klappe versehen. „Es wird dann ein Muster gemacht, und wenn das gut ist, werden vier oder fünf Exemplare in verschiedenen Farben produziert und kommen ins Geschäft. Nach ein paar Monaten wissen wir dann, ob das Modell überhaupt jemanden interessiert“, skizziert Julian Horn den Prozess, „Wir können uns das leisten, wir müssen nicht gleich in der Masse produzieren.“ Robert Horn fasst zusammen: „Das ist eine große Hilfe. So machen wir viele Fehler nicht. Das Geschäft ist das Labor.“


Während die drei Geschäfte in der Inneren Stadt das sichtbare Tagesgeschäft sind, verbringen Vater und Sohn die meiste Zeit im Büro mit angeschlossener Werkstatt in Wien Margareten. 15 Personen arbeiten derzeit im Unternehmen, vier davon mehr oder weniger im Management. „Wir sind ein so kleiner Betrieb, da muss jeder Mitarbeiter über alles Bescheid wissen. Für das Internet bin aber ich zuständig, ich bin mit Abstand der Jüngste“, sagt Julian Horn. „Wenn ich am Depot vorbeigehe und sehe, dass das Fach mit dem schwarzen Leder schon wieder fast leer ist, kann ich das dem Julian zurufen, und es wird gleich nachbestellt. Es ist sehr angenehm, dass alles so klein ist“, sagt Robert Horn.


Wer wie Robert Horn 30 Jahre im Geschäft ist, hat natürlich viele spannende Geschichten zu erzählen. Andererseits ist Diskretion die wichtigste Tugend, wenn der Kundenstock zu einem wesentlichen Teil aus der gutbürgerlichen Wiener Innenstadt-Gesellschaft, aus internationalen Politikern und Kulturschaffenden besteht.


Ein paar Geschichten dürfen aber zum Glück erzählt werden. So trug etwa Altkanzler Alfred Gusenbauer eine feuerwehrrote Aktentasche von R.Horn’s, mit der ihn einst sogar Manfred Deix zeichnete, in Karl Markovics’ mit dem Oscar ausgezeichneten Meisterwerk „Die Fälscher“ reiste Horns klassische Aktentasche zurück ins Jahr 1942. Und die schwarze Kuvert-tasche, in der Isabelle Huppert als Erika Kohut das Messer am Ende der Jelinek-Verfilmung „Die Klavierspielerin“ versteckt? R.Horn’s! „Michael Haneke wollte eine schwarze Tasche, die aber so beschaffen ist, dass sie im Inneren nicht reflektiert. Wegen der Kamera. Die ganze Welt hat die Tasche gesehen, und niemand weiß es“, lacht Robert Horn. Aber auch TV-Produktionen wie „Vorstadtweiber“ greifen für die feinen Requisiten auf R.Horn’s Accessoires zurück, wirft Julian Horn ein.

Ob er auf Dauer im Unternehmen bleiben wird, weiß er noch nicht genau. Für seinen Vater ist das in Ordnung, leben doch beide nach der Maxime, dass es das Wichtigste im Leben sei, sich mit Dingen zu umgeben, die einem Freude machen. Sie scheinen sich zumindest bis jetzt daran gehalten zu haben.

 

Autorin: Nicole Schöndorfer

Fotocredits: (c) Nico Havranek

Autorin
Nicole Schöndorfer
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