Nischen finden und viel arbeiten!

Richard Lugner gibt Karriere-Tipps, verrät seine Definition von Erfolg und warum sich dieser nicht in Geld messen lässt.

Von Laura Hamminger

Richard Lugner (86) wurde in Wien geboren. 1953 maturierte er an der HTL in der Schellinggasse in der Fachrichtung Hochbau. Nachdem er einige Jahre im Baugewerbe bei den Firmen Dipl. Ing. Herbert Lorenz und der Mobil Oil Austria tätig war, legte er 1962 die Baumeisterprüfung ab und gründete im selben Jahr sein eigenes Bauunternehmen. Die Lugner City wurde 1990 eröffnet und bis heute in sechs Ausbaustufen erweitert.

Richard Lugner im Gespräch mit STEIL-Redakteurin Laura Hamminger.

 

 

STEIL: Ihre Mutter hat Sie für den Schulzweig ›Hochbau‹ eingeschrieben, obwohl Sie eigentlich lieber Elektrotechnik oder Maschinenbau gemacht hätten. Im Nachhinein hat sich das als wahrer Glücksgriff herausgestellt. Was schätzen Sie an Ihrem Werdegang und was würden Sie anders machen?

Richard Lugner: Ich würde nichts anders machen. Wenn man jung ist, weiß man eigentlich nicht genau, wohin die Reise geht. Ich kenne so viele, die irgendein Studium angefangen haben und dann mit einem anderen weitergemacht haben. Man weiß einfach nicht, wie sich das entwickelt und ob das das Richtige ist. Dann ist auch noch die Frage, ob man mit dem Studium dann Geld verdienen kann oder nicht. Bei der Wirtschaftsuni würde ich aber sagen, dass es wahrscheinlich ist, dass man Geld verdient.

Am Anfang Ihrer Karriere, in den 1960ern, haben Sie auf die Revitalisierung der Altbauten gesetzt, während sich die Konkurrenz eher auf die Neubauten spezialisierte.

Die Baufirma Lugner war keine Firma, die große Bauten gemacht hat. Viele kleinere anspruchsvolle Arbeiten, das war unsere Spezialität. Wir haben Altbauten saniert, waren Marktführer im Tankstellenbau und waren auch von der Anzahl her die Firma mit den meisten Baustellen. Wir sind jede Woche mit fünf bis sechs Baustellen fertig geworden und konnten dann wieder fünf bis sechs neue anfangen. Andere große Firmen hatten währenddessen vielleicht eine Baustelle und sobald die fertig war, haben sie die Arbeiter womöglich entlassen. Wir waren eine der wenigen Baufirmen, die die Leute auch über den Winter beschäftigt hat.

Würden Sie sagen, dass Sie generell jemand sind, der ›gegen den Strom schwimmt‹?

Als ich begonnen habe, war ich finanziell nicht so stark, dass ich mir Kräne oder so etwas kaufen hätte können. Deshalb habe ich mit kleinen Arbeiten angefangen und bin dann auf dem Sektor geblieben.

In Nischen ist man immer besser dran, als wenn man das macht, was alle anderen machen.

Bei der Eröffnung der Lugner City 1990 gab es einige ›Unkenrufe von Branchenkennern‹, wie Sie es selbst formulieren …

Die Kritiker hatte ich schon immer. Mir wurde zum Beispiel gesagt, dass auf einer stadteinwärts führenden Straße, also der Gablenzgasse, kein Einkaufszentrum funktioniert, weil die Leute in der Früh nicht einkaufen gehen und am Abend, am Heimweg, fahren sie auf der stadtauswärts führenden Straße. Doch wir sind verkehrsmäßig hervorragend angebunden. Der Gürtel ist die meistbefahrenste Bundesstraße Österreichs, die U6 ist die am stärksten befahrene U-Bahn in Wien und wir sind auch fußläufig gut zu erreichen.

Wie haben Sie es, neben der guten Verkehrsanbindung, geschafft, dass die Lugner City zum Erfolg wird?

Naja, weil ich der Lugner bin und weil ich es die Lugner City genannt habe. Es ist auch das einzige Einkaufszentrum, das nach dem Eigentümer benannt ist, denn das war auch eigentlich gar nicht erlaubt. Als ich die Firma gründete, wurde mir gesagt, ich kann sie nicht ›Lugner City‹ nennen, weil es keine City ist und weil es auch nicht in der City ist. Dann habe ich die Firma einfach ›Lugner Einkaufszentrum Bauträger Betriebs- und Werbegesellschaft‹ und das Haus ›Lugner City‹ genannt. Dagegen konnte niemand etwas tun, denn ich kann ein Haus nennen, wie ich will.

Wie sieht Ihr Arbeitsalltag aus?

Normalerweise fange ich um 9 Uhr an und bin bis 19 Uhr im Büro. Der Arzt hat mir gesagt, ich soll weniger arbeiten, deshalb komme ich manchmal um 10 Uhr.

Wie kommt es, dass Sie noch immer so fit sind und so viel arbeiten?

Erstens, weil es mir Spaß macht. Soll ich das Zentrum einfach vor die Hunde gehen lassen, weil ich mich nicht darum kümmere? Und zweitens gibt es den sogenannten ›Pensionsschock‹. Der Körper reagiert ja chemisch bei einer Umstellung. Ich habe damals mit der Baufirma mit tollen Managern zu tun gehabt. Einige sind nach einem halben Jahr oder Jahr in der Pension verstorben, weil der Körper nicht in der Lage ist, sich von voller Power auf das Nichtstun umzustellen.

Sie betonen öfters, dass Sie in Ihrem Leben nie dem Geld hinterhergejagt sind, sondern nur dem Erfolg …

Genau. Ich wollte immer vor allem interessante Bauten bekommen. Zum Beispiel habe ich die Moschee gebaut, das war kein Geschäft. Ich habe auch den Tempel der israelitischen Kultusgemeinde renoviert, zur 50 Jahre Reichskristallnacht 1988. Die Tankstellen waren etwas, wo man überall die roten Tafeln von Lugner gesehen hat. Einmal habe ich für die Erste Österreichische Sparkasse drei Offerte zugleich abgegeben, für die Kärntnerstraße, die Erzherzog-Karl-Straße und irgendetwas im 10. Bezirk. Mir wurde dann gesagt, dass ich bei der Kärntnerstraße mit dem Preis schlecht liege, aber bei den anderen beiden der Beste war. Ich wollte aber die Kärntnerstraße und bin mit dem Preis heruntergegangen. Ob ich etwas daran verdient habe, weiß ich nicht, aber es war mir wichtig, meine Tafel in der Kärntnerstraße zu haben. Das war grundsätzlich mein Credo.

Ob bei der Lugner City oder Ihrer Reality Show ›Die Lugners‹, überall steht Ihr Name drauf. Wie haben Sie es geschafft, den Namen ›Lugner‹ so erfolgreich zu vermarkten?

Wir haben früher komplett rot gestrichene Autos gehabt, auf denen hinten ›Lugner‹ geschrieben war und sonst nichts. Die Anderen haben währenddessen auch ihre Telefonnummer hinaufgeschrieben, aber das nimmt eh niemand wahr, wenn man mit dem Auto fährt.

Wir haben die Leute dazu erzogen, dass sie wissen, was Lugner ist. Als ich bei der Mobil gearbeitet habe, habe ich dort gelernt, wie Werbung funktioniert.

Inwiefern hat die TV-Serie ›Die Lugners‹ Ihre Karriere beeinflusst?

›Die Lugners‹ hat mich auf jeden Fall stark beeinflusst, da ich dadurch auch im Fernsehen bekannt wurde. Es gibt ungefähr 125 Folgen. Momentan ist es noch unklar, ob es eine Fortsetzung gibt. Neben ›Die Lugners‹ trete ich auch in der Talkshow ›Wir sind Kaiser‹ auf, welche auch durchaus beliebt und bekannt ist.

Wieso ist Ihnen der jährliche Opernballauftritt so wichtig? Macht Ihnen der Ball Spaß?

Als ich die Lugner City aufgesperrt habe, habe ich gesagt, dass ich zwei Mal im Jahr ein Werbeevent machen möchte, das auch in der Zeitung steht. 1992 hat mich dann der ORF angerufen und gebeten, als Sponsor für den 100.000 Schilling teuren Flug für Harry Belafonte einzuspringen. Ich habe zugestimmt. Im Gegenzug hat mich Harry Belafonte gemeinsam mit der Miss Vienna, Nelly Baumann, auf den Opernball begleitet. So hat das begonnen und heuer war bereits mein 28. Mal am Opernball.

Welche Erfahrungen haben Sie auf den bisherigen Opernball-Besuchen gesammelt?

Ein Opernball kann natürlich anstrengend sein, zum Beispiel wenn die Künstler nicht pünktlich sind. Aber man erlebt auch viele schöne Momente. Die tollsten Gäste waren die, aus der Zeit, als ich jung war, wie Sophia Loren, Claudia Cardinale und Gina Lollobrigida. Aber auch Goldie Hawn und Elle Macpherson waren sehr nett.

Manche waren etwas schwierig, wie zum Beispiel Kim Kardashian oder Paris Hilton.

Bald wird es im Madame Tussauds in Wien eine Wachsfigur von Ihnen geben. Wie ist es dazu gekommen?

Das ist eine tolle Auszeichnung. Ich war zu Besuch im Wachsfigurenkabinett und dann haben mich ein paar Leute gefragt, warum ich denn nicht als Wachsfigur ausgestellt sei. Schlussendlich ist man dann auf mich zugekommen mit der Anfrage, eine Wachsfigur von mir zu erstellen und auszustellen.

Welchen Rat können Sie den WU-Studierenden für eine erfolgreiche Karriere geben?

Viel arbeiten und immer in Nischen sein! Ich war mit der Lugner City auch in einer Nische. Man hat mir immer gesagt, dass es nicht funktionieren wird, und es ist aber doch etwas daraus geworden.

Außerdem musst du den Erfolg jagen. Wenn ich in der Baufirma etwas haben wollte, dann habe ich das auch bekommen.

Ich habe die Moschee gebaut, die israelische Kultusgemeinde, die griechisch-orientalische Kirche am Fleischmarkt, das Meindl am Graben und auch den Steffl an der Kärntnerstraße und das waren alles keine Neubauten. Da waren wir den Anderen überlegen. Also in die Nischen gehen und viel arbeiten. Ich arbeite jetzt immer noch 60 Stunden in der Woche. Wenn man denkt, dass es mit wenig Arbeit geht, dann geht es nicht. Es hilft nichts.

Dieser Artikel erschien erstmalig im STEIL Magazin 07/19.

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