Mythos Stipendium

Warum sich jeder bewerben kann und sollte.

Es war einmal eine Studentin, die hatte nicht sehr viel Geld, doch wollte unbedingt aus ihrem Elternhaus ausziehen. Es begab sich, dass sie eines Tages online ein Stipendium, bei dem eine gratis Wohnung für Studienzwecke vergeben wurde, entdeckte. Der einzige Haken an der Sache war, dass sich nur Jusstudenten bewerben  konnten – doch sie studierte Englisch auf Lehramt. Sie aber dachte sich: »Was habe ich schon zu verlieren?«, und bewarb sich trotzdem. Ein paar Wochen später kam, wie durch ein Wunder, ein Brief mit einer Zusage. Man hatte sich dafür entschieden, ihr das Stipendium zu geben, weil sie die Einzige war, die sich dafür beworben hatte. So lebte die Studentin glücklich bis ans Ende ihres Studiums, ohne auch nur einen Cent Miete zu bezahlen. Und wenn sie nicht gestorben ist...

In Österreich gibt es über 1.300 Stipendienprogramme

Die meisten wissen davon aber nichts. Die wenigsten bewerben sich. So kann das Glück,wie im Fall der soeben erwähnten Studentin, dazu führen, dass eine Bewerbung für sich schon ausreicht. Doch wenn man nicht von Glück ausgehen möchte, wovon dann? Wann hat man hierzulande eine realistische Chance auf ein Stipendium?

Traditionell sind Stipendien, einerseits im Sinne der Begabtenförderung, an Leistungen geknüpft. Ein gutes Beispiel dafür bietet das Hochleistungsstipendium der WU. Dafür benötigt man je nach Studienzweig und -abschnitt einen Notendurchschnittvon 1,0 bis 1,7 und ungefähr 52 ECTS pro Studienjahr. Dem gegenüber wird bei Stipendien oft auf die finanzielle Bedürftigkeit geachtet. So beispielsweise bei der Studentenbeihilfe, die am häufigsten in Anspruch genommene Form der Studienförderung in Österreich.

Weder begabt noch bedürftig?

Wenn man allerdings weder in die Kategorie begabt noch bedürftig fällt, ist die Stipendiensuche dann nicht ohnehin aussichtslos? Nicht unbedingt. Mittlerweile gibt es immer mehr Social Startups, die Stipendien der anderen Sorte vergeben, wo es vordergründig um die Persönlichkeit geht. Dieser Fakt an sich sagt schon viel über ein gesellschaftliches Umdenken aus. Soziale Fähigkeiten nehmen einen immer höheren Stellenwert ein, und Förderungspotenzial wird in den verschiedensten Bereichen erkannt.

Der European Funding Guide ist ein solches Social Startup, das 2011 mit dem Zweck gegründet wurde, mehr Studierenden Zugang zu Stipendien zu verschaffen.

»Eliteförderung ist eine gute Sache. Wir finden aber, dass auch der normale Student ein Stipendium verdient hat«, sagt die Mitbegründerin Mira Meier.
Drei dieser ungewöhnlichen Stipendien, die jährlich in Kooperation mit dem European Funding Guidein Österreich vergeben werden, sind:

Das ›Gute Laune‹-Stipendium

Gesucht werden: Studierende, die sich ihre gute Laune nicht nehmen lassen.
Geschenkt wird: ein kostenloses Auslandssemester in Südafrika im Wert von 9.500 Euro
Vergeben durch: American Institute for Foreign Study (AIFS)
Bewerbung: bis ca. Anfang Jänner

Das Stipendium für Orientierungslose

Gesucht werden: Studierende, die ihren eigenen Weg im Leben gehen
Geschenkt wird: ein 4-wöchiger Sprachkurs im Wert von 4.000 Euro in den USA
Vergeben durch: Eurocentres
Bewerbung: bis ca. Mitte Jänner

Das Schwächen-Stipendium

Gesucht werden: Studierende, die zu ihren Schwächen stehen
Geschenkt wird: ein 4-wöchiger Sprachkurs im Wert von 3.750 Euro in Australien
Vergeben durch: Travelworks
Bewerbung: bis ca. Ende Jänner

Da die Weiterentwicklung der Persönlichkeit ein zentrales Anliegen des European Funding Guide ist, werden vor allem Reisestipendien vergeben. Der Blick über den eigenen Horizont hinaus und der Austausch mit anderen Kulturen können schließlich ganz neue Perspektiven eröffnen. Allgemeiner geht es darum, dass sich Studierende ohne finanzielle Belastung weiterbilden können und Erfahrungen sammeln. Alles gute Gründe, um sich für ein Stipendium zu bewerben.

Wen das immer noch nicht überzeugt, der sollte sich einfach denken: »Was habe ich schon zu verlieren?«

Autorin
STEIL Magazin
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